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Newsletter 8/2023

Israel muss gestoppt werden!

Der gestrige Tag war der seit vielen Jahren blutigste im israelisch-palästinensischen Konflikt. In einem Tag wurden im Rahmen von israelischen Militäraktionen 10 Palästinenser*innen getötet, großteils bei einer Aktion im Flüchtlingslager in Jenin. Ganz offensichtlich geht nun die neue israelische Regierung daran, ihre Ankündigungen konsequent umzusetzen. Während die westliche Welt noch zwischen warnenden Hinweisen (seitens der US-amerikanischen Regierung) und der De-Facto-Fortsetzung der bisherigen Politik (Europa) schwankt, geht Israel entschlossen ans Werk. Und dessen Ziele sind klar im Regierungsübereinkommen nachzulesen: Weitere Vertreibung der indigenen palästinensischen Bevölkerung und schrittweise aber konsequente Realisierung von "Erez Israel" from the sea (Mittelmeer) to the river (den Jordan). Für den völkerrechtlich vorgesehenen unabhängigen palästinensischen Staat (gemäß UN-Res. 181 - Teilungsresolution) ist da kein Platz mehr. Die israelische Regierung macht darüber überhaupt kein Hehl, jeder/jede, der/die später einmal Überraschung äußert, ist im besten Fall ein Ignorant, in den meisten Fällen eher ein heuchlerischer Lügner. Letzteres wird vor allem auch für jene europäischen (leider auch österreichischen) Politiker zutreffen, die sich zuletzt zu der neuen israelische Regierung geäußert haben.

Dass es genügend Warnungen von informierten Expert*innen gegeben hat, wird man dann - und das wird eher früher als später sein, wenn die Welt nicht sofortige und entschlossene Maßnahmen setzt - kaum in Abrede stellen können. In diesem Zusammenhang verweise ich auf eine dramatische Stellungnahme einer Gruppe von internationalen Expert*innen, welche von der UNO dringende Maßnahmen fordert. (Siehe Anhang open letter).

80% der 350 Millionen Araber unterstützen das Palästinensische Volk

Dass es mit der Realisierung der zionistischen Pläne nicht ganz so einfach werden wird, untermauert auch eine aktuelle repräsentative Umfrage des Arab Centers for Research and Policy Studies. Die in den letzten Jahren vor allem von den USA unter der Regierung Trump arrangierten Annäherungen (siehe "Abrahams Akkord") zwischen Israel und einigen arabischen Staaten werden trotz allem von der überwiegenden Mehrheit der Araber*innen abgelehnt. So sind 76% aller Befragten der Meinung, dass die Palästina-Frage alle Araber*innen betreffe. Selbst im Abrahams-Akkord-Partner-Staat Marokko waren das 59%! (Siehe Figure 26 der Umfrage). Sogar 84% lehnen die diplomatische Anerkennung Israels durch ihr jeweiliges Land ab. Bei Marokko waren es immerhin noch 67%(!).

Den westlichen Staaten sollten die Antworten auf die Frage, welche Länder die größte Bedrohung für die Arabischen Staaten darstellen, zu denken geben. Hier die Reihung: Israel 38%, USA 21%, Iran 7%, Russland 3%, Europäische Staaten 2% (Siehe Figure 23). Noch klarer wird das bei der Frage "Die Politik welcher Staaten bedroht Sicherheit und Stabilität der Region am meisten?" Das Ergebnis: Auf jeden Fall: Israel 74%, USA 62%, Iran 36%, Russland 33%, Frankreich 31%, Türkei 19%, China 18% (Siehe Figure 24).

In aller Kürze: Die Lage im Nahen Osten ist also weitaus komplizierter, als es sich mächtige Dealmaker vorstellen. Dies gilt ganz besonders auch für den israelisch-palästinensischen Konflikt. Angesichts der bereits notorisch widersprüchlichen und immer mehr pro-US-amerikanischen Politik Europas sollte vor allem die EU einmal ihre Außen- und Nahostpolitik (selbst)kritisch hinterfragen. In besonderem Maße gilt dies für Deutschland und auch Österreich, die inzwischen zu den engsten Israelfreunden in Europa gehören. Bei genauer Kenntnis der Geschichte des 20. Jahrhundert und bei voller Anerkennung von historischer Verantwortung sollte man sich doch die Frage stellen, ob die mehr oder minder kritiklose Hinnahme der aktuellen israelischen Politik die korrekte Antwort darauf darstellt. Den bisherigen Tiefpunkt in diesem Zusammenhang hat zweifellos der EU-Außenbeauftragte Josep Borell mit seiner vor wenigen Tagen veröffentlichten Stellungnahme, wonach der - unter anderem von Amnesty International erhobene - Apartheidvorwurf gegen Israel antisemitisch sei, erreicht. Hier wäre weniger Opportunismus und deutlich mehr historische Kenntnis und politische Analyse gefragt (siehe Anhang Palestine Cronicle).
mit besten Grüßen
Fritz Edlinger
Präsident

https://arabcenterdc.org/resource/arab-opinion-index-2022-executive-summary/

https://www.palestinechronicle.com/eu-foreign-policy-chief-says-it-is-antisemitic-to-accuse-israel-of-apartheid/

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